Sowohl beim Übersetzen als auch in der Philosophie sollte der Begriff, der übersetzt werden soll bzw. Gegenstand des Essays ist, zunächst definiert werden. Was versteht man also unter „nachhaltigen Finanzen“?
Dieses Konzept, das oftmals auch auf Deutsch mit den englischen Begriffen „Sustainable Finance“ oder „Green Finance“ bezeichnet wird, ist in der Finanzbranche schon lange bekannt. Allerdings ist es noch nicht klar abgegrenzt. Im letzten Jahrzehnt stieg der Bekanntheitsgrad des Konzepts in der Öffentlichkeit nach und nach.
Am 25. September 2015 formalisierten die Vereinten Nationen (UNO) als Erste das Thema der Nachhaltigkeit, das bald darauf von der Europäischen Union (EU) aufgegriffen und insbesondere auf den Finanzsektor angewendet wurde. Die UNO verabschiedete die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ mit ihren 17 Zielen.
Knapp zwei Monate später wurde bei der COP 21 das verbindliche Pariser Abkommen zur Begrenzung der Klimaerwärmung unterzeichnet.
Auf dieser Grundlage entwickelte und verabschiedete die EU die Verordnung (EU) 2019/2088, besser bekannt unter dem englischen Kürzel SFDR für “Sustainable Finance Disclosure Regulation“, zu Deutsch „Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor“. Außerdem spielte die Taxonomie, die 2020 von der EU verabschiedet wurde, eine Schlüsselrolle bei der Demokratisierung des Begriffs.
Die Tatsache, dass diese Texte sich überschneiden und untrennbar miteinander verbunden sind, kann jedoch die Verständlichkeit des Konzepts beeinträchtigen.
Auf der Website der französischen Finanzmarktaufsicht AMF (Autorité des marchés financiers) findet man eine zusammenfassende Definition des Begriffs „nachhaltige Finanzen“:
„Nachhaltige Finanzen ist ein Sammelbegriff für Praktiken, die bei der Analyse, Auswahl und Verwaltung von Investitionen neben finanziellen Kriterien auch ‚nicht finanzielle‘ Kriterien berücksichtigen.“
In diesem Zusammenhang ist das englische Kürzel „ESG“ in aller Munde. Dieses steht für Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance). Diese drei Kriterien sind zwar nicht die einzigen, stellen aber das am häufigsten verwendete Instrument zur
Bestimmung der Nachhaltigkeit von Investitionen oder Strategien dar.
Die SFDR ist zwar nicht vollständig, dank ihrer internationalen Durchsetzbarkeit bietet sie den auf dem europäischen Kontinent tätigen Akteuren jedoch einen nützlichen und flexiblen rechtlichen Rahmen, der die Definition der Nachhaltigkeit dem freien Ermessen des Anlegers überlässt. Die Taxonomie hingegen gibt genaue Anforderungen vor, die erfüllt werden müssen, insbesondere im Hinblick auf die Klimaneutralität. Diese spielt für Unternehmen, die ihr Engagement für Nachhaltigkeit unter Beweis stellen wollen, um Anleger zu gewinnen, eine zentrale Rolle.